GB 2019

faktoren durch den mehrfach verschobenen Brexit. Es kam zu einer Pattsituation zwischen Premierministerin Theresa May (bis Juli) bzw. Premierminister Boris Johnson und dem Parlament. Erst im Dezember kam es zu einer Einigung mit der EU auf einen Austritt Ende Januar 2020. Diese geopolitischen Störfaktoren, insbesondere aber die Handelskonflikte, führten bereits Anfang 2019 zu Rissen im Bild des langjährigen konjunkturellen Aufschwungs, in Europa, den USA aber auch weltweit. Zunächst reagier- ten die Märkte bei einzelnen Meldungen risikoavers. Im Laufe des Jahres wurden die Ausschläge jedoch geringer. Hierfür waren vor allem die Notenbanken verantwortlich, die im Laufe des Jahres auf die Eintrübung der Konjunk- tur mit einem deutlich expansiveren geldpolitischen Kurs reagierten. EZB lockert Geldpolitik Die europäische Geldpolitik schwenkte aufgrund der Ab- schwächung der Konjunktur in 2019 auf einen deutlich expansiveren Kurs ein. Die an den Finanzmärkten noch zu Jahresbeginn vorherrschende Erwartung einer Zinswen- de löste sich in den ersten Monaten des Jahres auf. Der geldpolitische Kurswechsel der Europäischen Zentralbank (EZB) wurde im März von ihrem Präsidenten Mario Draghi eingeläutet, der ein neues Programm zur Förderung der Kreditvergabe der Banken (TLTRO) für September 2019 ankündigte. Die frühzeitig angekündigte Maßnahme wurde dann noch durch eine Senkung des Einlagezins- satzes, den Banken auf überschüssige Gelder bei der EZB entrichten müssen, von -0,4 % auf -0,5 % ergänzt. Die dadurch steigenden finanziellen Belastungen der Banken wurden durch die Einführung von Freibeträgen (Tiering) vermindert. Zudem wurde ein erneuter Start von Anleihe- käufen im Volumen von 20 Milliarden Euro monatlich ab November 2019 beschlossen. Im November 2019 kam es auch zum Amtswechsel an der Spitze der EZB. Die neue Präsidentin, Christine Lagarde, ließ keine Bereitschaft zu einem Wechsel des geldpolitischen Kurses erkennen. Für den Beginn ihrer Amtszeit kündigte sie eine Überarbei- tung der geldpolitischen Strategie der EZB an. Bundesanleiherenditen markierten 2019 Rekordtief Die Renditen von zehnjährigen Bundesanleihen la- gen zum Jahresauftakt bei 0,25 % und spiegelten die noch an den Märkten bestehenden Erwartungen einer geldpolitischen Zinswende oder zumindest eines ent- sprechenden Exit-Plans der EZB im weiteren Verlauf des Jahres wider. Doch schwenkte die Stimmung angesichts der steigenden konjunkturellen Risiken um. Mitte Januar erreichte die Rendite zehnjähriger Anleihen ihren Jahres- höchststand mit 0,26 %. In den folgenden Monaten sanken die Renditen kontinuierlich bis tief in den Minus- bereich. In den letzten Augusttagen rutschte die Ren- dite mit -0,72 % auf einen historischen Tiefstand. Die deutschen Staatsanleihen waren als sicherer Hafen von Anlegern gesucht, die aufgrund der erhöhten geopoli- tischen Risiken und der Abschwächung der Konjunktur risikoreichere Anlagen wie Aktien verließen. Mehr noch wirkte allerdings die Erwartung einer noch expansiveren Geldpolitik der EZB, aber auch von Zinssenkungen der Fed. Von August bis Anfang Oktober rentierten sogar die dreißigjährigen Bundesanleihen erstmals phasenweise im negativen Bereich. Die Renditen erhöhten sich im Herbst wieder mit zunehmender Zuversicht, dass die Handels- konflikte nicht weiter eskalieren würden oder sogar ein Handelsabkommen zwischen China und den USA erzielt werde. Der Regierungswechsel in Großbritannien sorgte für die Hoffnung, dass mit der Wahl von Boris Johnson die Brexit-Ungewissheiten enden könnten. Zudem stabili- sierten sich die Konjunkturindikatoren wieder etwas. Zum Jahresende rentierten zehnjährige Bundesanleihen mit -0,19 % immer noch im Minusbereich, aber weit ober- halb ihrer Tiefstände. DAX mit kräftigem Plus nach schwachem Start Der Deutsche Leitindex DAX startete nach einem sehr schwachen Abschlussquartal in 2018 von einem nied- rigen Niveau in Höhe von 10.558,96 Punkten aus in das Jahr 2019. Im Jahresverlauf gewann der Index aber wieder deutlich auf über 12.600 Punkte im Juli, bevor im August noch mal ein deutlicher Rückschlag um über 1.000 Punkten zu verzeichnen war. Eine wesentliche Ursache waren Befürchtungen einer sich stark abschwä- chenden Konjunktur oder sogar einer sich abzeichnenden Rezession. Zudem spitzen sich die geopolitischen Risiken weiter zu. Neben dem Handelskonflikt zwischen China und den USA standen auch wieder neue US-Zölle gegen die europäische – und somit insbesondere die deutsche – Autoindustrie im Raum. Zusätzlich belastete der weiterhin ungeklärte Brexit sowie die zunehmenden Spannungen im Nahen Osten sowie mit dem Iran. Erst die umfassende Lockerung der Geldpolitik der EZB, ergänzt um weitere Zinssenkungen der US-Notenbank im Herbst, sorgte wieder für neue Zuversicht am Aktienmarkt. Auch stabili- sierten sich die Konjunkturindikatoren im Herbst wieder. Zum Jahresende siegten vollends die positiven Signale, aufgrund der Einigung über den geregelten Vollzug des Brexit zum Ende Januar 2020, aber auch wegen der Aus- sicht auf die Teileinigung zwischen China und den USA im Handelsstreit. Zum Jahresabschluss 2019 notierte der DAX bei 13.249,01 Punkten und somit 25 % über dem Niveau zum Jahresstart. 3

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